Der Standard - 28.09.2012

Freundschaftsspiel

Gerhild Steinbuch trifft Jörg Albrecht auf der Ponyweide - Eine ungewöhnliche literarische Begegnung



Sie war Stadtschreiberin in Kitzbühel, er Stadtschreiber in Graz, beide waren sie schon beim Bachmann-Wettlesen in Klagenfurt. Mit der Steiermark verbindet die beiden Ausnahme-Autoren und -dramatiker Gerhild Steinbuch und Jörg Albrecht eine lange und teilweise gemeinsame Geschichte: Beide wurden hier von UniT fürs szenische Schreiben gecoacht, beide traten hier schon früh als Dramatiker in Erscheinung.

Auch beim Steirischen Herbst, wo auch 2011 zwei starke Texte von ihnen uraufgeführt wurden. Kollaboration war 2011 das Motto dieser Projekte, damals bezogen auf die Entstehung und dramatische Umsetzung eines Textes, dieses Mal geht es nur um eine gemeinsame Lesung.

Keine Zufallsbegegnung zweier Schreiber, die gerade am gleichen Abend verfügbar sind, sondern ein Aufeinandertreffen zweier Textwelten zu einem Thema: ≥Friendship is. Eine Besichtigungstour durch Ponyville„.

Stilistisch sind Gerhild Steinbuch und Jörg Albrecht trotz mancher gemeinsamen Prägung auf verschiedenen Planeten zu Hause. Steinbuch brachte bislang meist zarte und zugleich messerscharfe Texte auf die Bühne, deren dezent verdunkelte Schönheit von Georg Trakl oder Charles Baudelaire geborgt sein könnte, nur dass die Musik, die ihnen innewohnt, weniger nach Wagner riecht als nach Radiohead: kein trauriger Ton ohne Störgeräusch, keine Harmonie ohne kalten Bruch.

Albrecht wiederum stellt sich als literarische Schnellfeuerwaffe vor, als musikalischer Textmonteur, der seine aus Fertigfabrikaten zusammengeleimten Weltmaschinen genauso gut als Musik oder bildende Kunst verkaufen könnte.

Auf Besuch in Ponyville grasen sie nun gemeinsam die satten Matten aus verdrehten Symbolen ab, die bei der subversiven Rezeption der Comicserie My little Pony - Friendship is Magic aus dem Boden schießen. Was hat es zum Beispiel zu bedeuten, dass sich Österreichs Anonymous-Aktivisten im Netz hinter der Figur eines Comic-Ponys mit Regenbogenmähne verstecken? Dabei könnte sich dann doch noch eine Gemeinsamkeit der beiden Poesiepositionen offenbaren: die Auseinandersetzung mit Zeichensetzungen des Alltags, mit verirrten Selbstdefinitionen und -positionierungen, mit der Konstruktion von Identitäten oder Form.

Die Session im Camp-Wohnzimmer verspricht also eine vertraulich-gemütliche Begegnung zweier literarischer Sympathieträger. Das kann echt nett werden.

11. 10., 21.30, Camp

Bild: Steinbuch: Zarte und messerscharfe Texte.

Bild: Foto: J. J. Kucek

Bild: Die literarische Schnellfeuerwaffe Albrecht. Foto: J. J. Kucek


Hermann Götz
wukonig.com