Falter - 26.09.2012

Moslems mag man eben

Rebranding European Muslims: Public Movement denkt beim steirischen herbst die Marke Moslem neu



Dass Kunst nur ernst zu nehmen sei, wenn sie sich ausreichend von Kommerz unterscheidet, ist ein alter Hut. Aber einer, den das Gros der Kunstschaffenden immer noch gerne aufsetzt. Für Dana Yahalomi - sie hat sich intensiv mit der Macht der Markenbildung auseinandergesetzt, ihre Recherchen machte sie unter anderem bei rechten Populisten - und ihr performatives Forschungslabor Public Movement gilt das so sicher nicht. Mit "Rebranding European Muslims„ inszeniert die israelische Künstlerin für den steirischen herbst ein klassisches PR-Projekt: Die Grazer Helmut-List-Halle wird zum Schauplatz einer Gala zum 100-jährigen Jubiläum der Anerkennung des Islam durch die Österreichisch-Ungarische Monarchie. Vor diesem Hintergrund fechten erfolgreiche Werber aus Amsterdam, Stockholm und Wien einen Pitch aus. Umrahmt von einer klassisch inszenierten Wohltätigkeitsveranstaltung präsentieren sie ihre Vorschläge für die Imagekampagne des Titels "Rebranding European Muslims„. Das Publikum entscheidet, welche der drei Marken-Relaunch-Strategien zur Umsetzung gelangt. Und dann wird plakatiert: von Graz ausgehend begibt sich die Kampagne auf Tour.

"Rebranding European Muslims„ verspricht kein ironisiertes Spektakel, das Projekt präsentiert sich als lebensgroßes Portrait der Entstehung von etwas, das Mariusz Jan Demner mit "Markenmagnetismus„ umschreiben würde. Der Wiener Werbestar wird gemeinsam mit seinen Kollegen Guleed Mohamed von Love Tensta und Daniel van der Velden von Metahaven um den Kunstauftrag antreten. Während Demner, Merlicek & Bergmann Österreichs größte Werbeagentur sind, steht Love Tensta, eine im Stockholmer Immigrantenvorort Tensta gegründete Melange aus Jugendzentrum, Sozial- und Design-Alternative, vor allem dem Thema sehr nahe. Ihr Gründer Guleed Mohamed versteht sich als Branding Consultant. Mit Daniel van der Velden nimmt schließlich auch ein Theoretiker am Pitch teil, sein Unternehmen Metahaven ist ebenso Forschungs- wie Designbüro, Schwerpunkt: Politik und Ästhetik.

Die Auswahl der geladenen Werber macht deutlich, dass es durchaus um ernst zu nehmende Ergebnisse geht. Davon wird auch die lokale Bauchtanzgruppe nicht ablenken, die ihren Auftritt hat wie der Chor des Islamischen Kulturzentrums Graz. So wird im Rahmen der kulinarischen Gesamtinszenierung für die stilechte Wahrung der Ambivalenz zwischen Wohltätigkeit und Entertainment garantiert. Um 23 Uhr steht dann die Islam-Punk-Formation The Kominas auf der Bühne.


Helmut-List-Halle, Graz, Fr 19.30

Bild: Dana Yahalomi startet eine ungewöhnliche Kampagne für den europäischen Islam


Hermann Götz
wukonig.com