- 01.10.2012

Von Klischees und Kontexten

Roma-Künstler und ihre Strategien gegen Stereotype, andere Karten des Urbanen und Kunst, die sichim Netz allzu vieler Bezüge verheddert. Weitere Ausstellungen im steirischen herbst.



Die meisten Medien, die Roma in Bildern präsentieren, sind mit der Erwartung konfrontiert, etwas ,ZigeunertypischesŒ aufweisen zu müssen„, schreibt André J. Raatzsch, Roma und Protagonist der Ausstellung ≥Reclaiming Identity„, als einer, der sich mit der ≥visuellen Repräsentation„ der Roma intensiv auseinandergesetzt hat.

Die Schau, Teil der von der Akademie Graz organisierten Romale12! (wir berichteten), bietet reiches Anschauungsmaterial zu ≥Aktivistischen Strategien der Roma-Kunst„. Gewissermaßen als komplexe Innensicht von Prozessen der (Selbst)Identifikation.

Zeichnung, Malerei, Fotografie, Objekte, Video sind Mittel, mit welchen Künstler der größten europäischen Minderheit gegen Vorurteile und Stereotype angehen. Und zeigen, dass es das eine Roma-Bild nicht gibt, Hoffnungen und Probleme so vielfältig sind wie bei anderen Gruppierungen. Nochmals Raatzsch: ≥Es müssen unterschiedlichste Bilder gleichzeitig existieren, nur die Rezipienten können entscheiden, ob sie der Wirklichkeit entsprechen oder nicht.„

Räume

≥Kollektives Mapping„ stand im Zentrum eines Workshops mit der argentinischen Gruppe Iconoclasistas (iconoclasistas.com.ar), Spezialisten für die Erstellung alternativer Kartografien. Was im Grazer Stadtraum an Abkürzungen und Bruchlinien, an Problem- und Hoffnungszonen gefunden wurde, zeigt die Ausstellung zum von Reni Hofmüller koordinierten Projekt ≥demo graz ya!„. Gezeigt wird, dass von Städten, die im steirischen herbst präsent sind (Bogotá, Medellín, Buenos Aires) und vermutlich glücklich wären, ≥nur„ die Probleme von Graz zu haben, gelernt werden kann ˆ Offenheit, der Mut, um Ecken zu denken, starre Raster zu verlassen. Und dass Verbesserungen oft keinen großen Aufwand erfordern.

Buchstabe

Den Einsatz von Küchenutensilien zur Selbstverteidigung führt das Pariser Künstlerkollektiv Claire Fontaine vor. Mit trockenem Humor. Was sein Video über ≥veränderte geopolitische Strukturen und Verwerfungen des Finanz- und Kreditsystems„ aussagt, muss noch überdacht werden.

Auch die anderen Arbeiten von ≥Realness Respect„ drängen sich als Hilfen, den Kontext, in den sie gestellt sind, eine echt komplizierte Realität, wenigstens ein bisschen dechiffrieren zu helfen, nicht auf. Santiago Serra ließ in Graz ein P aus Holz zersägen. Es ist Teil eines ≥großen Wortes„ mit zwölf Buchstaben (Lösung am Jahresende). Da anderswo bereits ein T zersägt wurde, ist zumindest klar: ≥Pumpernickel„ ist es nicht.


WALTER TITZ
wukonig.com